» Meine Lehre ist wie ein Finger, der zum Mond weist. Verwechselt aber den Finger nicht mit dem Mond. «Buddha
Der Buddhismus bietet viele universelle Wahrheiten und praktische Übungswege, die unser Leben enorm bereichern können. Der Buddha wies seine Schüler aber auch stets daraufhin, jede Lehre daraufhin kritisch zu prüfen, ob sie für uns heilsam und förderlich ist. Wenn sie das ist, dann können wir sie uns zu eigen machen und praktisch umsetzen. Eine Lehrrede ist nicht die Einsicht selbst oder Einsicht an sich. Sie ist ein Werkzeug, das mittels Wörtern und Begriffen Einsichten vermittelt.
Der buddhistische Lehrmeister Thich Nhat Hanh erklärt, wie wir die Lehren Buddhas verstehen und anwenden sollten an einem praktischen Beispiel:
Um den Weg nach Paris zu finden, orientierst du dich an einer Straßenkarte. Sobald zu dort aber angekommen bist, kannst du sie beiseite legen und Paris genießen. Wenn du dich fortwährend nur mit deinem Plan beschäftigst, wenn du dich von Wörtern und Begriffen fesseln läßt, verpasst du das wirkliche Leben.
Wer war Buddha?
Der Buddha war ein Mensch. Sein Name war Siddhartha Gautama und er wurde vor 2500 Jahren in Nordindien geboren (ca. 563 v. Chr.).
Er war der Sohn Suddhodanas, des Herrschers des Sakya-Reiches, und seiner Frau Mahamaya. Völlig sorgenfrei wuchs er in großem Reichtum im königlichen Palast auf. Sein Vater achtete streng darauf, dass es dem Prinzen an nichts mangelte und er keinerlei Elend oder Leid zu Gesicht bekam. Traditionsgemäß wurde Siddhartha bereits im Alter von 16 Jahren mit Prinzessin Yasodhara vermählt, die ihm einen Sohn, Rahula, schenkte. Abgeschirmt von der wirklichen Welt drängte es Siddhartha danach, das wahre Leben außerhalb der Palastmauern kennenzulernen. In Begleitung eines Wagenlenkers zog er heimlich los und erkundete, was ihm bisher verborgen geblieben war. Auf seinen Ausflügen erblickte er – wie es ihm ein Priester vorhergesagt hatte – einen kranken, einen alten und einen toten Menschen. Da erkannte Siddharta, dass alles Leben von Leid geprägt ist, und angesichts dieser Erkenntnis war er nicht mehr in der Lage, sich an seinem behüteten, luxuriösen Dasein im Palast zu erfreuen. Als er schließlich bei einem Ausflug auf einen Wandermönch traf, der ein äußerst einfaches und zurückgezogenes Leben führte, fasste Siddhartha den Entschluss, als Asket in die Welt hinauszuziehen und sich auf die Suche nach einem Weg zur Beendigung des Leidens und zur Erleuchtung zu begeben. Mit 29 Jahren schlich er sich aus dem Palast fort, tauschte seine feinen Gewänder gegen eine einfache Robe und zog fortan als Bettelmönch durchs Land. Die nächsten sechs Jahre ließ er sich von verschiedenen Weisheitslehrern unterweisen und übte sich darüber hinaus in strenger Askese. Doch all diese Bemühungen brachten ihn seinem Ziel, das »Nirwana« zu erreichen, nicht näher. Also gab Siddhartha das Fasten auf, kam wieder zu Kräften und begab sich dann zu einem Feigenbaum, der später als »Bodhi-Baum« (= Baum der Weisheit) bezeichnet wurde. Er setzte sich darunter und gelobte, sich erst wieder zu erheben, wenn er die Erleuchtung und damit das Nirwana erreicht habe. Unter dem Baum sitzend, begann er zu meditieren und kam in einen tiefen Versenkungszustand, in dem ihm wesentliche Erkenntnisse zuteil wurden. So erinnerte er sich an all seine früheren Existenzen und durchschaute den Kreislauf von Tod und Wiedergeburt. Im Laufe einer Nacht erlebte er schließlich vollkommene Erleuchtung und wurde somit zu Buddha, dem »Erwachten«. Im Anschluss an seine Erleuchtung meditierte er noch 49 Tage lang über die tiefen Wahrheiten, die sich ihm nach seiner intensiven Suche eröffnet hatten. Nach anfänglichem Zögern entschloss er sich, den »Dharma«, seine Lehre (Pali: Dhamma), an andere Menschen weiterzugeben. Während der nächsten 45 Jahre unterwies er seine Anhänger unermüdlich mit dem ihm eigenen grenzenlosen Mitgefühl und ging schließlich im Alter von 80 Jahren (ca. 483 v. Chr.) ins endgültige »Nirwana«, das sogenannte »Parinirwana« ein.
Quelle: Der kleine Taschenbuddhist von Bettina Lemke, Seite 13-15
Dharma – Die Lehre Buddhas
Die Vier Edlen Wahrheiten
Grundlage der Lehren Buddhas sind vier Säulen, auch die »vier edlen Wahrheiten« genannt. Das Leiden existiert ist die erste Wahrheit. Wenn wir Leiden, dann müssen wir zunächst erkennen, das wir Leiden. Hier hilft uns die Achtsamkeit, mit Hilfe der wir tief in uns hinein schauen können, um unser Leid zu erkennen. Haben wir das Leid erkannt, schauen wir noch tiefer, um die Ursachen für unser Leiden zu finden, das ist die zweite Wahrheit. Das Leiden kann aufgelöst werden. Buddha nannte Leiden eine heilige Wahrheit
. Wenn man im Buddhismus den Begriff Leiden verwendet, dann impliziert dies auch stets die Tatsache, dass das Leiden aufgelöst werden kann. Das ist die dritte Wahrheit. Es gibt einen Weg das Leiden aufzulösen, den »Edlen Achtfachen Pfad«, das ist die vierte Wahrheit. Die vier edlen Wahrheiten sind uns nicht von Anfang an klar, sie müssen schrittweise erkannt werden. Dies geschieht durch drei Schritte, auch »Drehungen« genannt, diese drei Schritte müssen für jede der vier edlen Wahrheiten durchlaufen werden.1
Die Erste Edle Wahrheit ist die Wahrheit vom Leiden.
Buddha erkannte, dass uns das Leben in dieser Welt kein anhaltendes Glück und Wohlergehen bescheren kann. Wenngleich wir auch positive Erfahrungen machen und Momente der Freude und der Erfüllung erleben, sind wir immer wieder dem Leid, im Pali »Dukkha«, ausgesetzt. Buddha zufolge ist die Geburt Leiden, das Alter ist Leiden, Krankheit und Tod sind Leiden, Kummer, Trauer, Schmerz und Verzweiflung sind Leiden, sich vergeblich etwas zu wünschen oder aber etwas zu bekommen, was man nicht haben möchte, ist Leiden, von geliebten Menschen getrennt zu sein ist Leiden. Da wir, kurz gesagt, dazu neigen, an den Dingen anzuhaften und versuchen, sie mit aller Macht festzuhalten, machen wir immer wieder leidvolle Erfahrungen. Das weltliche Dasein ist der Vergänglichkeit, im Pali »Annica«, ausgesetzt. Nichts auf dieser Welt, ob Positives oder Negatives, ist von Dauer. Und da auch Glück, Zufriedenheit und Harmonie flüchtig sind, werden wir immer wieder mit Enttäuschungen, Angst und Leid konfrontiert.2 Es ist wichtig zu erkennen, dass dieses Leiden existiert, und es zu akzeptieren und zu berühren. Es ist der Wunsch eines jeden Lebewesens frei von Leid zu sein. Der Buddha erklärt aber auch, dass wir Leiden nur dann zur Kenntnis nehmen sollen, wenn es gegenwärtig ist, und dass wir Freude wahrnehmen sollen, wenn kein Leiden spürbar ist. Er lehrte auch die Wahrheit vom Glücklichen Verweilen in den Dingen, so wie sie sind.
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Die zweite Edle Wahrheit ist die Wahrheit von der Entstehung des Leiden
Als Ursachen für das Entstehen von Leid werden stets Gier, Hass und Verblendung genannt. Doch das ist zu kurz und allgemein gefasst. Es gibt noch mehr Ursachen, wie Unwissenheit, Misstrauen, Überheblichkeit oder falsche Ansichten. Gerade Unwissenheit führt oft zu falschen Wahrnehmungen, die für einen Großteil unseres Leidens verantwortlich sind. Der Ursprung unseres Leidens sind unsere Wünsche und unser Verlangen sowie die daraus resultierende Anhaftung. Wir streben nach Dingen, die uns begehrenswert erscheinen, nach Besitz, Macht, Ruhm oder weltlichen Vergnügungen und klammern uns daran, weil wir nicht wahrhaben wollen, dass alles vergänglich ist. Ebenso wie wir an äußeren Objekten, Wahrnehmungen und Gedanken anhaften, hängen wir auch an der Vorstellung eines beständigen »Selbst« fest. Doch auch hier erliegen wir einer Täuschung unseres Geistes, denn das Selbst hat – genauso wie alle anderen Phänomene dieser Welt – keinen unveränderlichen Wesenskern, keine für sich bestehende Existenz. Es ist vielmehr eine Ansammlung körperlicher und geistiger Bestandteile, die abhängig von bestimmten Bedingungen entstehen und ständiger Veränderung unterworfen sind. Das, was wir als »Persönlichkeit« oder »Selbst« bezeichnen, ist nichts anderes als ein weiteres Phänomen, das wie die gesamte Wirklichkeit durch die unaufhörliche Kausalkette des »bedingten Entstehens« in jedem Moment neu erschaffen wird. Doch aufgrund unserer Unwissenheit beziehungsweise Verblendung erkennen wir unsere wahre Natur sowie die Natur aller Dinge nicht und versuchen verzweifelt gegen die Realität der Vergänglichkeit von Objekten, Gedanken und Gefühlen anzukämpfen. Wir haben eine feste Vorstellung von unserem »Selbst« und halten mit aller Macht daran fest. Zu dieser Vorstellung gehören Charaktereigenschaften und Wesensmerkmale, bestimmte Gewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen sowie Wünsche und Bedürfnisse. All das und noch viel mehr macht unser Selbstverständnis aus. Und da wir so sehr an der Vorstellung unseres »Selbst« mit all seinen Wünschen und Sehnsüchten festhalten, streben wir beständig danach, unser ichbezogenes Verlangen zu befriedigen, und im Gegenzug alles, was wir nicht haben wollen, von uns fernzuhalten. Das führt zwangsläufig zu Leid.4
Die dritte Edle Wahrheit ist die Wahrheit von der Aufhebung des Leidens
Leiden hört auf, wenn wir aufhören, das zu tun, was Leiden schafft. wird fortgesetzt
Fussnoten: 1., 3. Das Herz von Buddhas Lehre: Leiden verwandeln – Die Praxis des glücklichen Lebens von Thich Nhat Hanh
2., 4. Der kleine Taschenbuddhist von Bettina Lemke